Kurzprosa

Skulpturenpark Köln

Oktoberblau die Luft, Goldtalermeer ergießt sich über die Wiese. Weite Fläche hügelig, Busenansatz. Zwischen den Objekten Schilder, Berühren verboten. Das Café gegenüber verspricht Kuchen, karierte Decken liegen auf den Tischen draußen. Die Himbeerschnecke aus Eisen riesengroß, ich stehe davor, will sie streicheln, das Schild drängt sich auf. Der Mann vom Wachdienst trägt eine gelbe Jacke, ich sage guten Tag, der Wachmann nickt. Zweige drehen sich unterm Himmel. Tanz zwischen Licht und Schatten. Ich sammle die Taler, häufe Gold an, besinge den Herbst. Ein Lackspiegelei am Wegesrand wartet darauf bewundert zu werden. Ein Kind streicht mit der Hand darüber, die Mutter schaut zu. Das Schild erfüllt nicht seinen Zweck, das Kind kann nicht lesen. Der Wachmann ist gerade woanders. Ich sage nein, die Mutter sagt, das gehe mich nichts an. Ich lache, häufe noch mehr Gold, werfe es in die Luft, streue es über meinen Kopf und bedaure, dass es die ewige Jugend nicht gibt. Die Mutter glotzt. Das Kind beginnt ebenfalls Gold zu sammeln, bis die Mutter grob seine Hand fasst, das Kind fortzieht und Richtung Ausgang drängt. Ich höre die Mutter sagen, ich sei eine Spinnerin, da müsse man aufpassen. Das Kind sieht mit halboffenem Mund zu mir herüber. Ich winke ihm zu und schaue den beiden nach. Taler wirbeln. Ich freue mich an dem gehäuften Gold und fühle mich auf einmal sehr reich.

Dinge

Mildes Morgenlicht strömt ins Zimmer. Die Gedanken drehen um immer denselben Punkt. Der Kronleuchter, das Tischchen in der Ecke, die Lampe. Der Blick in den Hof, der Garten ein langgezogenes Tuch. Hyazinthen blühen wildes Lila. Zwiebeln gedeihen in der dampfenden Erde. Die Wege entlang der Beete sind geordnet. Wolken legen Schatten darüber. Das Kind nebenan ist immer noch da. Der Vater, die Mutter, jung. Mildes Licht im Zimmer. Die Wände sprechen für sich. Die Bilder, der Sekretär.
Das Kind hat guten Tag gesagt, meiner Mutter guten Tag gesagt.

Der Tisch unterm Küchenfenster, die Uhr an der Wand. Meine Mutter hat gelächelt, dem Kind zugelächelt.
Mein Bruder fragt, „wer nimmt die Dinge?“
Die Straße ist ein Faden in der kleinen Stadt. Schwächliches Haus. Ich schaue zur Seite.
Nicht weit hinter dem Grundstück wurde Kohle abgebaut. Wer das erfunden hat. Mein Vater ging um vier zur Arbeit. Für ihn gab es kein Morgenlicht.

„Weg damit“, sagt mein Bruder. Ich höre das Kind lachen. Schwarze Lunge.
Mein Vater hatte Falten im Gesicht, die sahen aus wie Äste.
Die Gedanken drehen, ich nicke. Wir lassen viele Leute durch die Räume. Der Blick in den Hof, das wilde Lila gibt alles. Der Himmel hält sich raus. Ich will das Seidenblau nicht sehen.

Meine Mutter hat Suppe gekocht, die Männer versorgt, die Nachbarn versorgt. Dann durften wir essen. Mein Bruder und ich. Zum Schluss hat meine Mutter gegessen. Irgendwann wurden die Äste im Gesicht weniger, bis sie nur noch Rinnsale waren. Mein Vater schwand, verschwand. Ein Jahr lang trug meine Mutter schwarz. Das ist zwanzig Jahre her. Schwarze Lunge, schwarzes Kleid.

Ich lege den Schlüssel in eine fremde Hand. Im Hof sehe ich das Kind. Es sagt guten Tag, mir guten Tag. Ich lächele, lächele dem Kind zu.

Wohnen

Durchsichtiges Blau im Fenster, darunter die abschüssige Rasenfläche. Vereinzelt Birken. Mürrisch dreinblickende Gärtner mähen das Gras, die Hemdärmel hochgekrempelt. Manchmal spielen Kinder Fußball auf der Fläche. Erwachsene sind nicht dort. Die Balkone bieten Schutz hinter der Betonbrüstung. Die Gärtner haben starke Unterarme. Nach einer knappen Stunde sind sie fertig. Bunte Sonnenschirme vereinnahmen Raum unter dem großen Himmel. Das durchsichtige Blau lässt zu. Die Rasenfläche ist weit, Quadrat an Quadrat in den Wohnungen beruhigt. Die Birkenblätter klingen leise, wenn der Wind hindurchfährt. Wer das hört, wohnt nicht hinter dem Beton. Wer hier über die vier Wände hinaus spricht, sagt vielleicht zu viel. Hauptsache das Gras ist kurz und die Kinder sind nicht zu laut beim Fußballspielen. Der Himmel beschönigt nicht, auch nicht im Sommer. Die Probleme liegen woanders. Unbefangen breitet die Wärme sich aus, was auch immer unter den Sonnenschirmen passiert.