Lyrik

Am See

gespieltes Blau am Himmel
er flüstert Karla ins Ohr
ich liebe dich
und fasst im nächsten Moment
eine andere an
der See hat eine raue Oberfläche
tiefes Grün vor dem Bergmassiv
Karlas Haar ist dunkel
weißblond seins
das Tretboot heißt Mausi
am Ufer ist ein Verleih
er macht eine Zeit aus
und lacht einer jungen Frau
in das braungebrannte Gesicht
gute Idee so ein Boot
auf dem See ist viel los
Karla tritt fest ins Pedal
Segler freuen sich über den Wind
auf der gegenüberliegenden Seite
werden Häuser kleiner
ich will mich treiben lassen
sagt er
und legt die Füße hoch
Karla geht vom Pedal
das Boot schaukelt einschläfernd
später rutscht die Sonne hinter das Massiv
es wird kühl
eine teure Fahrt
sagt Karla nach drei Stunden
und wendet das Boot Richtung Ufer
die junge Frau wartet bereits
er steckt ihr ein großzügiges Trinkgeld zu
seine Hand gleitet über ihre Schenkel
das braungebrannte Gesicht leuchtet
kurzer Wortwechsel
eifriges Nicken
dann dreht er sich rasch zum Gehen
das Blau in Karlas Augen
zieht sich zurück
in der Pension ist es stickig
eine Grille sitzt im Waschbecken
beim Essen zückt Karla das Handy
Karla sitzt allein
an einem Tisch für zwei
in einem fremden Lokal
es wird dämmrig
das gespielte Blau
geht über in helles Rot
er steht vorm Spiegel
zupft an der Krawatte
legt Parfum auf
zweiundzwanzig Uhr
sagt er zu sich
tätschelt selbstgefällig die Wangen
und tritt auf die schmale Uferpromenade
der Kies knirscht
es ist kurz vor zehn
das Dunkel versteckt die Berge
sein Schritt ist hastig
er merkt es
und verlangsamt das Tempo
wenig später steht er vor einer Tür
aus getöntem Glas
er drückt sie auf
die Tür knackt
an dem Tisch für zwei
sitzen fest umschlungen
Karla und das braungebrannte Gesicht
Karlas Rock ist leicht nach oben gerutscht
die Augen strahlen blau
unter seinen Schuhen klebt Kies.

Jahreszeiten

Von innen nach außen
kehre ich das Herz
stülpe die Welt über dich
erzähle dir alles
was ich gelesen habe
mache Spaziergänge stundenlang.

Von innen nach außen
fallen grün die Blätter
bedecke die Erdoberfläche damit
erzähle dir von Buche und Esche
lese nicht
mache Begehungen in dir.

Von innen nach außen
blüht der Herbst
behauche dich mit Gold
erzähle dir nicht vom Winter
lese wieder häufiger
mache mich bereit.

Von innen nach außen
kehre ich das Laub
lasse Eisblumen wachsen
erzähle dir nicht
was ich gelesen habe
mache Abfahrtlauf einmal.

Winter

Über das Farbeneinerlei
spannt sich ein Laken
der Himmel hält still.

In die Landschaft
streckt sich ein Fluss
die Fische reden nicht.

Unter den Blättern
regt sich ein Tier
die Sprache bleibt fremd.

Zwischen die Welt
fällt was ist
niemand sagt was kommt.

Über dem Farbeneinerlei
liegt nun das Weiß
die Zeit spricht für sich.